Rückblick: Tag der Unternehmensnachfolge in Frankfurt
Am 5. Juni 2025 fand in der PSD Bank Arena Frankfurt der Tag der Unternehmensnachfolge statt. Eine gemeinsame Veranstaltung von Nachfolgekontor und dem Wirtschaftsrat. Ziel war es, praxisnahe Einblicke in Nachfolgeprozesse zu geben, Hürden sichtbar zu machen und Lösungsansätze aus Wirtschaft und Politik zu diskutieren. Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Vertreter aus Politik, Beratung und Institutionen nahmen teil.
Unternehmerische Nachfolge hautnah
Zum Auftakt berichteten mehrere Unternehmer eindrucksvoll von ihren persönlichen Nachfolgeerfahrungen. Julian Brunnmüller, studierter Betriebswirt, schilderte die Übernahme eines metallverarbeitenden Familienbetriebs gemeinsam mit seinem Bruder, ohne branchenspezifisches Vorwissen, aber mit einem klaren Businessplan. Die Finanzierung war anspruchsvoll, zumal sie mitten in einer Phase steigender Energie- und Rohstoffpreise erfolgte. Rückblickend betonte Brunnmüller, wie herausfordernd, aber auch prägend diese Phase war.
Besonders anschaulich war ebenfalls der Praxisbericht der C.A. Weber GmbH, vertreten durch Kai Lehmann und Dr. Maximilian Kneflowski. Das über 140 Jahre alte Familienunternehmen befindet sich mittlerweile in der sechsten Generation. Dr. Steffen Lehmann, der Vater von Kai Lehmann, übernahm im Jahr 2020 die Geschäftsführung des Familienunternehmens und ist bis heute als Gesellschafter aktiv. Die Beteiligten berichteten offen über die Herausforderungen beim Generationswechsel – insbesondere im Hinblick auf Veränderungsprozesse und Unternehmenskultur. Ihr Fazit: Nachfolge ist kein einmaliger Akt, sondern ein dynamischer Prozess, der Offenheit, Dialog und Vertrauen erfordert – innerhalb der Familie ebenso wie gegenüber dem gesamten Team.
Zwischen Verantwortung und Realität – Podium zur Familiennachfolge
In der anschließenden Diskussion berichtete Dr. Adelheid Rauch, Geschäftsführerin des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Labor Dr. Riegel GmbH in Wiesbaden, sehr persönlich von ihrer plötzlichen Nachfolge im Unternehmen, nachdem ihr Mann unerwartet verstarb. Seitdem führt sie das Unternehmen, mit dem klaren Ziel, es eines Tages an ihren Sohn zu übergeben. Seit seiner Kindheit bereitet sie ihren Sohn auf eine mögliche spätere Übernahme des Unternehmens vor. Gerade deshalb sucht sie regelmäßig das Gespräch mit ihm, insbesondere nach jedem Studiensemester, um gemeinsam zu reflektieren, ob die Unternehmensnachfolge weiterhin ein realistischer und für ihn erfüllender Weg sein kann. Ihre Schilderung machte deutlich, wie essenziell es ist, die individuellen Interessen und beruflichen Ziele der nächsten Generation ernst zu nehmen und Nachfolge als fortlaufenden, offenen Dialog zu gestalten.
Julian Will, Managing Partner bei Nachfolgekontor, betonte die Bedeutung frühzeitiger Gespräche, realistischer Unternehmensbewertungen und emotionaler Offenheit. Oft scheitern Übergaben nicht an der Machbarkeit, sondern an verdrängten Erwartungen und mangelnder Kommunikation. Eine Erfahrung, die sich auch im Beitrag von Dr. Adelheid Rauch widerspiegelte.
Thomas Wolff von der wolfcraft GmbH unterstrich in diesem Zusammenhang, wie entscheidend eine strukturierte Herangehensweise für eine erfolgreiche Nachfolge ist. In seinem Unternehmen wurde der Übergabeprozess mit strategischen Workshops und klarer Kommunikation aktiv gestaltet. Besonders betonte er die Bedeutung einer Unternehmenskultur, in der Mitarbeitende von Beginn an in die Veränderung eingebunden werden.
Ergänzend dazu beleuchtete Dr. Tilman Schrecker, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, die juristische Perspektive: Häufig seien es rechtliche Unklarheiten und unstrukturierte Ausgangslagen, die Nachfolgeprozesse behindern. Sein Appell: Eine rechtzeitige Analyse der Unternehmensstruktur sowie die Einbindung professioneller Beratung können helfen, spätere Konflikte und Blockaden zu vermeiden und tragfähige Lösungen zu ermöglichen.
Unternehmensnachfolge als politischer Auftrag
Im dritten Panel rückte die politische Dimension der Nachfolge in den Mittelpunkt. Petra Schneider MdL (CDU Rheinland-Pfalz) machte deutlich, wie zentral das Thema Nachfolge für die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands ist. Sie zeigte auf, dass die Politik die Herausforderungen von Familienunternehmen bei der Nachfolge stärker in den Fokus rücken müsse. Während Start-ups zahlreiche Förderprogramme und mediale Aufmerksamkeit erhalten, fehle es etablierten Betrieben in der Übergabephase häufig an vergleichbarer Unterstützung.
Maximilian Hanz, Referent für Wirtschaftspolitik beim Hessischen Industrie- und Handelskammertag (HIHK), betonte, wie groß das wirtschaftliche Potenzial erfolgreicher Nachfolgelösungen ist, nicht zuletzt, weil viele Betriebe Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze und regionale Wertschöpfung sichern. Gleichzeitig sei die Zahl der Übernehmenden bereits heute zu gering: Auf drei übergabebereite Unternehmer komme aktuell nur etwa zwei potenzielle Nachfolger. Er plädierte dafür, Unternehmertum bereits in der Schule gezielt zu fördern, etwa durch Schülerfirmen und praxisnahe Projekte.
Dr. Ulrich Link, Vorstandssprecher der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, ergänzte die finanzielle Perspektive: Gerade in der Nachfolge sei der Beratungsbedarf hoch, sowohl für Verkäufer als auch für Käufer. Es gebe zwar Zuschüsse für Beratung und Finanzierung, diese seien aber oft wenig bekannt oder schwer zugänglich. Zudem betonte er, dass gescheiterte Nachfolgen oft eine Kettenreaktion auslösen, von Arbeitsplatzverlusten bis hin zur Schwächung ganzer ländlicher Regionen.
Einigkeit bestand unter allen Teilnehmenden: Unternehmensnachfolge muss stärker als eigenständiger wirtschafts- und strukturpolitischer Schwerpunkt verstanden werden. Dazu braucht es gezielte Förderprogramme, weniger Bürokratie, bessere Sichtbarkeit und eine politische Kultur, die Nachfolge als Chance und nicht als Problem begreift.
Unser Fazit
Der Tag der Unternehmensnachfolge hat deutlich gemacht: Nachfolge ist mehr als ein wirtschaftlicher Übergang, sie ist ein generationsübergreifender Prozess, der familiäre, emotionale und strategische Fragen vereint. Erfolgreiche Nachfolge braucht nicht nur Planung, sondern auch Haltung, Offenheit, Klarheit und gegenseitige Wertschätzung.
Ein herzliches Dankeschön gilt dem Wirtschaftsrat Hessen für die großartige Zusammenarbeit. Ebenso möchten wir uns bei Lukas Adam für die professionelle technische Betreuung, Nina Reiniger für die reibungslose Organisation und Stefan Söhngen für die Moderation bedanken – und natürlich bei allen Teilnehmenden, die durch ihre Fragen und Impulse die Veranstaltung bereichert haben.
Die Highlights des Abends sehen Sie im Video:
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