Kapitel 2

Der „offensichtliche“ Käufer: Strategische Investoren

Unternehmerinnen und Unternehmer denken bei einem geeigneten Käufer häufig zunächst an die Kandidaten, die ihnen täglich im operativen Geschäft begegnen. Meist sind dies direkte oder indirekte Wettbewerber, deren Geschäftsmodell auf einem ähnlichen Leistungsangebot basiert. Die Interessen und mit einem Kauf verbundenen Ziele sind aus Sicht dieser Käufergruppe vielfältig, wie die folgende Übersicht verdeutlicht:

  • Stärkung vorhandener oder Erschließung neuer Kompetenzen
  • Nutzung von Synergiepotenzialen
  • Erweiterung des Leistungsspektrums
  • Erschließung neuer Märkte durch Gewinnung neuer Kunden oder Absatzregionen
  • Verbesserung der Absatz- und Beschaffungsstrukturen
  • Verdrängung von Wettbewerbern und Ausbau von Marktanteilen
  • Erwerb von Patenten und Marken
  • U.v.m. [1]

Das Wachstum strategischer Käufer durch den Erwerb anderer Unternehmen wird im allgemeinen Sprachgebrauch als anorganisches Wachstum bezeichnet. Unternehmen in dieser Branche wachsen also durch externe Zukäufe und nicht durch interne, organische Faktoren wie z.B. interne Produktentwicklungen, den Ausbau der Internationalisierung oder eine intensivierte Marktbearbeitung.

Besonders dann, wenn ein schnelles und starkes Wachstum angestrebt wird oder der bisher bearbeitete Stammmarkt bereits so gesättigt ist, dass nur noch geringe Wachstumsraten realisierbar sind, sind Unternehmensübernahmen ein geeignetes Mittel für wachstumsorientierte Unternehmen.

Transparenz und Vertrauen schaffen die Basis für eine langfristige Unternehmensfortführung

Strategische Investoren verfolgen in der Regel das Ziel, das erworbene Unternehmen langfristig zu halten. Ob es sich dabei um eine eigenständige Fortführung des erworbenen Unternehmens oder um eine teilweise oder vollständige Integration in das Unternehmen des Käufers handelt, hängt im Einzelnen von verschiedenen Faktoren ab. Diese können beispielsweise die Bekanntheit und Reputation des Firmennamens, der Besitz von Zertifikaten, Marken oder Patenten sowie bestehende vertragliche Vereinbarungen mit Geschäftspartnern u.v.m. sein. In jedem Fall bietet ein strategischer Investor dem bisherigen Eigentümer eine besondere Möglichkeit zur Fortführung des Unternehmens und hat in der Regel nicht die Absicht, das Unternehmen in einigen Jahren wieder zu veräußern.

Auf dem Weg zu einem erfolgreichen Verkauf an einen strategischen Käufer gibt es einige wesentliche Punkte grundlegender Natur zu beachten, die für den Erfolg des Vorhabens entscheidend sind. Ein großer Vorteil ist die Kenntnis des Geschäftsmodells und des Marktes. Strategische Käufer sind in der Lage, sich ein fundiertes Urteil über das zu veräußernde Unternehmen zu bilden, die richtigen Fragen zu stellen und die Chancen und Risiken einer möglichen Akquisition adäquat einzuschätzen. Zudem verfügen Unternehmen, die sich ernsthaft und intensiv mit dem Kauf anderer Unternehmen beschäftigen, häufig über ausreichende finanzielle Mittel, um die geplante Transaktion erfolgreich zu „stemmen“. Die Erfahrung zeigt, dass ein Zukauf durch strategische Käufer wohlüberlegt und am eigenen Risikoprofil ausgerichtet ist, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Transaktion mit zunehmender Dauer des Transaktionsprozesses stetig steigt. Demgegenüber stellt sich in der Praxis oftmals die Herausforderung, dass auf Verkäuferseite Vorbehalte gegenüber direkten Wettbewerbern bestehen. Dies zeigt sich insbesondere dann, wenn der potenzielle Käufer Einblick in die Kunden- und Lieferantenstruktur des zu verkaufenden Unternehmens erhalten möchte. Der Käufer beabsichtigt damit, die Informationsasymmetrie abzubauen und andererseits Synergieeffekte qualitativ besser beurteilen zu können. Der Verkäufer hingegen möchte seine „Kronjuwelen“ nur ungern preisgeben und besteht in der Regel auf eine anonyme Darstellung seines Netzwerkes.

Hierin liegt eine der Schlüsselaufgaben von M&A- und Nachfolgeberatern, in diesem Prozess eine für beide Seiten akzeptable Vertrauensbasis und Transparenz zu schaffen, um eine erfolgreiche Transaktion zu ermöglichen. Dies erfordert ein transparentes Vorgehen und von Beginn an einen intensiven und offenen Austausch mit den Beteiligten. Nur ein strukturierter und transparenter Prozess bietet die Möglichkeit, das Vertrauen im Laufe des Prozesses auf- und auszubauen.

Beitrag teilen