Kapitel 3

Der wachstumsorientierte Käufer: Finanzinvestoren

Anders als bei Unternehmenstransaktionen mit strategischen Investoren gestalten sich die Charakteristika, Chancen und Herausforderungen beim Verkauf an einen Finanzinvestor. Im Vordergrund des Interesses steht in der Regel eine möglichst hohe Wertsteigerung des zu erwerbenden Unternehmens. Finanzinvestoren, auch Private-Equity-Gesellschaften genannt, investieren häufig eigenes und/oder von verschiedenen Investoren eingesammeltes Kapital mit dem Ziel, vorhandene Potenziale zu heben, neue Potenziale zu erschließen und das Unternehmen nach einigen Jahren zu einem deutlich höheren Wert wieder zu veräußern. Ob es sich dabei um einen vordefinierten Zeitraum handelt oder ob grundsätzlich ein unbefristetes Investment möglich ist, hängt stark von den externen Kapitalgebern ab. Diese stellen ihr Kapital mit dem Ziel zur Verfügung, nach beispielsweise 5-7 Jahren im Rahmen des Weiterverkaufs des Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe ihr Kapital mit einer Renditeerwartung zurückzuerhalten, die deutlich über der klassischer Investments liegt.

Der Königsweg: Die Buy-and-Build-Strategie

Ein von Finanzinvestoren häufig und gerne genutztes Instrument zur Generierung von Mehrwert ist die Buy-and-Build-Strategie. Diese sieht vor, ein in der Regel größeres Unternehmen als Plattforminvestition zu erwerben („Buy“) und um dieses herum durch den Zukauf kleinerer Unternehmen eine größere Gruppe aufzubauen („Build“). Auch bei diesem Instrument ist das Primärziel der Unternehmung am Ende der Verkauf der konsolidierten Gruppe nach einigen Jahren. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass größere Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen einen höheren Transaktionserlös generieren als kleinere Unternehmen. So verfolgen Finanzinvestoren in diesem Fall nicht nur das Ziel, das oder die übernommene(n) Unternehmen organisch weiterzuentwickeln. Vielmehr zielen sie darauf ab, kleinere Unternehmen zu niedrigen Multiplikatoren zu erwerben und die große Gruppe zu einem deutlich höheren Multiplikator wieder zu veräußern. Der erhoffte Gewinn liegt in diesem Fall also auch im Einkauf. Der Charme dieser Strategie liegt für den Finanzinvestor schließlich auch in der Nutzung von Synergien, die eine höhere Profitabilität der gesamten Gruppe ermöglichen.

Merke: Buy-and-Build-Strategie

Im Rahmen einer Buy-and-Build-Strategie erwirbt ein Investor ein Plattformunternehmen (Buy), um auf dieser Basis weitere vergleichbare Unternehmen zu erwerben (Build). Die auf die Erstinvestition folgenden Akquisitionen werden als Add-on-Investitionen bezeichnet. Das übergeordnete Ziel dieser Strategie ist die Nutzung von Synergien, um Kosten zu senken und Erträge zu steigern.

Welche Chancen und Risiken sowie Vorteile und Herausforderungen entstehen bei einem Verkauf an einen Finanzinvestor?

Im Vergleich zu strategischen Investoren verfügen Finanzinvestoren nicht über das gleiche Verständnis und die Kenntnis des zugrunde liegenden Marktes, in dem das zu verkaufende Unternehmen operiert. Nicht selten sind sie keine echten Branchenexperten und setzen im Transaktionsprozess andere Schwerpunkte. Dies hat zur Folge, dass eine deutlich detailliertere Analyse des Marktes stattfindet, die verkaufenden Unternehmerinnen und Unternehmer intensivere und umfangreichere Gespräche über den Markt, die Potenziale, Chancen und Risiken und mögliche weitere Kaufkandidaten führen müssen und grundsätzlich das Risiko besteht, dass die Transaktion an den Ergebnissen der Analyse des potenziellen Käufers scheitert. Die Herausforderung für die Unternehmerinnen und Unternehmer besteht häufig darin, die richtigen, wohldosierten Informationen zur richtigen Zeit im richtigen Kontext zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der teilweise fehlenden Marktkenntnis des Investors können Formulierungen oder auch Medienberichte schnell dazu führen, dass der Investor falsche Schlüsse zieht oder die Risiken gegenüber den Chancen der Akquisition übergewichtet und sich aus dem Prozess zurückzieht.

Auf der anderen Seite zeichnen sich professionelle Finanzinvestoren durch eine exzellente Kenntnis klassischer M&A-Prozesse aus, was die Steuerung und das Vorankommen deutlich vereinfacht. Durch die umfangreiche Erfahrung aus einer Vielzahl von Transaktionsprozessen und erfolgreichen Käufen und Verkäufen wissen Finanzinvestoren sehr genau, worauf es in den jeweiligen Phasen des Prozesses ankommt. Sofern der Unternehmer im Vorfeld des intensiven Austauschs bereits die erforderliche Transparenz gezeigt hat wichtigen Aspekte „verschleiert“, bieten Finanzinvestoren zudem eine hohe Transaktionssicherheit.
Typische Stolpersteine, die bei anderen Käufertypen auftreten, wie z.B. die Finanzierungsproblematik, sind bei Finanzinvestoren bereits weit im Vorfeld geklärt und daher in der Regel nur noch Formsache. Darüber hinaus besteht für die verkaufenden Unternehmerinnen und Unternehmer unter Umständen die Möglichkeit, in Form einer Rückbeteiligung am zukünftigen Wachstum des Unternehmens oder sogar der entstehenden Unternehmensgruppe zu partizipieren.
Finanzinvestoren greifen gerne auf das Know-how und die Erfahrung der Eigentümerinnen und Eigentümer zurück und versuchen, diese auch über die Transaktion hinaus im Unternehmen zu halten. Im Idealfall entsteht so eine Symbiose, die für beide Seiten positive Effekte für die Zukunft bringt.

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