„Versteckte Werttreiber“ und tatsächliche Ertragskraft – Was bedeutet ein “Nachhaltiges Betriebsergebnis”?

Verfälschte Erträge in inhabergeführten Unternehmen

Der im Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag einer Gesellschaft zeigt in der Regel nicht den nachhaltigen und in einem „fremdüblich geführten“ Unternehmen zu erwirtschaftenden Ertrag.

Insbesondere im Rahmen von Unternehmenstransaktionen im Bereich von kleinen, mittelständischen Unternehmen (KMU) existieren bei der Ermittlung der nachhaltigen Ertragskraft eines Unternehmens diverse „versteckte Werttreiber“, die es zu beachten gilt.

Nicht selten – vor allem in familiengeführten Betrieben, in denen womöglich auch der Ehepartner sowie weitere Familienmitglieder beschäftigt sind – ist zu erkennen, dass die tatsächliche Ertragskraft des Unternehmens durch bestimmte Aufwendungen, die nicht betriebsnotwendig sind oder nicht der Fremdüblichkeit entsprechen, verfälscht wird. Typische Beispiele sind höhere Gehälter bzw. reduzierte Arbeitszeiten zu gleichbleibenden Gehältern, Bonuszahlungen oder der „Porsche“ als Firmenwagen, der einem fremden Dritten in gleicher Position nicht zugestanden hätte.

Insbesondere im Zuge der Unternehmensbewertung mittels Multiplikator-Verfahren (aufgrund der einfachen Anwendung und Nachvollziehbarkeit kommt dieses in der Praxis häufig zum Einsatz) bestehen zwischen dem tatsächlichen und dem fremdüblich bereinigten Betriebsergebnis deutliche Unterschiede hinsichtlich des resultierenden Unternehmenswerts. Je nach Geschäftsfeld existieren branchenübliche Multiplikator-Spannen – zum Beispiel bezogen auf das EBIT oder EBITDA eines Unternehmens – die einen Anhaltspunkt für eine „faire“ oder marktübliche Bewertung liefern. Je höher also die Basis – das nachhaltige Betriebsergebnis – desto höher auch der Unternehmenswert.

Steuerliche Anpassungen und Sondereffekte

Neben den nicht-betriebsnotwendigen bzw. nicht-fremdüblichen Aufwendungen sind auch bilanzpolitische Maßnahmen wie die überhöhte Bildung von Rückstellungen oder die aggressive Abschreibung von werthaltigem Vorratsvermögen zu beachten. Hintergrund der vorgenannten Sachverhalte ist, dass die betreffenden Unternehmen steueroptimiert ausgerichtet sind, um die eigene Steuerlast trotz hoher Ertragskraft möglichst gering zu halten. Neben den oben aufgeführten und für den Unternehmer selbst „steuerbaren“ ertragsmindernden Aufwendungen gibt es häufig auch sogenannte Sondereffekte, wie beispielsweise außerordentliche Forderungsverluste, die Auflösung von nicht in Anspruch genommenen Rückstellungen oder eine Firmenfeier, die sich in einem bestimmten Geschäftsjahr besonders positiv oder besonders negativ auf das Betriebsergebnis auswirken können. Dementsprechend sollten diese Positionen im Rahmen von Nachfolgeregelungen und insbesondere im Hinblick auf die Unternehmensbewertung identifiziert und auf ein fremdübliches Niveau „bereinigt“ werden. Ziel ist es, die Ertragskraft des Unternehmens objektiv darzustellen und somit die richtige Basis für die Bewertung des Unternehmens zu schaffen.

Unrealistische Bereinigungen fallen auf

An dieser Stelle sei allerdings betont, dass keinesfalls eine „Schönrechnung“ oder ungerechtfertigte Verbesserung im Zuge der Aufbereitung der Geschäftszahlen erfolgen sollte, um möglichst hohe – jedoch schlussendlich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht realisierbare – Bewertungen zu erzielen. Aufgrund der Prüfungshandlungen durch die Kaufinteressenten – spätestens im Rahmen der Due Diligence – werden ungerechtfertigte Bereinigungen ohnehin erkannt. Nichtsdestotrotz sollte das „echte“, nachhaltig umsetzbare Betriebsergebnis, das die tatsächliche Ertragskraft des Unternehmens widerspiegelt, die Basis zur Unternehmensbewertung darstellen und somit möglichst sorgfältig von einem professionellen Berater in der Projektvorbereitung ermittelt werden.

Eine frühe Vorbereitung zahlt sich aus

Bereinigungspositionen im Verkaufsprozess zu einem späteren Zeitpunkt als Argumentation für eine Angebotserhöhung zu fordern ist deutlich weniger erfolgsversprechend, als von Beginn an gut vorbereitet zu sein und den Interessenten offen und nachvollziehbar vorgenommene Bereinigungen zu kommunizieren. In diesem Sinne gilt es, die Geschäftszahlen zu analysieren und diese „versteckten Werttreiber“ zu erkennen und eine Fremdüblichkeit der Zahlenbasis herzustellen. Die Auf- und Vorbereitung der Finanzzahlen eines Unternehmens bereits zu Beginn eines Transaktionsprozesses durch erfahrene Berater stellen dementsprechend die Weichen für eine zielführende und schlussendlich auch faire Unternehmensbewertung.

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Sebastian Wissig
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