Unternehmensnachfolge und Führungsstilwechsel: Wie passt das zusammen?

Der Erfolg eines Führungsstils hängt maßgeblich von der Unternehmensgröße, dem Alter der Belegschaft und dem Geschäftsmodell ab. So lässt sich etwa ein Fünf-Mann-Betrieb mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren leichter autoritär führen als der 250 Mitarbeiter starke, international agierende Innovationsführer mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren. Eine Marketingagentur lebt von der Kreativität, beim hochautomatisierten Automobilzulieferer zählt jeder Handgriff. Erfolgreich werden diejenigen Manager sein, die es schaffen, diese unterschiedlichen Anforderungen durch einen entsprechenden Führungsstil zu fördern.

Sogenannte Millennials, also die Generation der von den frühen 1980ern bis zu den späten 1990ern Geborenen, legt großen Wert auf Selbstbestimmung, persönliche Weiterentwicklung, Unabhängigkeit und ausgeglichene Work-Life-Balance. Sie kennt ihre Chancen am Arbeitsmarkt. Gibt der Chef Mitarbeitern dieser Gruppe ständig nur Anweisungen, ohne deren Ideen einfließen zu lassen, ist Fluktuation vorprogrammiert.

Führung ist für Unternehmer immer eine der wichtigsten Herausforderungen – den richtigen Führungsstil zu finden ein zentraler Erfolgsfaktor. Eine ganz besondere Rolle spielt der Führungsstil darüber hinaus jedoch auch, wenn es um das Thema Unternehmensnachfolge geht.

Nachfolgeformen beeinflussen Führungsstil
Nachfolge ist nicht gleich Nachfolge. Grundsätzlich kann eine Unternehmensnachfolge mit oder ohne Veränderung des Gesellschafterkreises geregelt werden. Im Mittelstand sind der Management Buy-out, der Management Buy-in sowie der Verkauf an ein Unternehmen aus der Branche die häufigsten Formen der Nachfolgeregelung. Während sich der Führungswechsel bei den ersten beiden Optionen bereits aus der Begrifflichkeit ergibt, steht auch beim Verkauf an einen „Strategien“ in den meisten Fällen nach Ablauf einer zuvor vereinbarten Übergangsphase ein Wechsel des Managements an. Was sind die daraus entstehenden Herausforderungen und welchen Unterschied macht es, ob das neue Management  von innen oder von außen kommt?

Management Buy-out: Konstanz ist Trumpf
Beim Management  Buy-out übernimmt ein bestehender Mitarbeiter sowohl die Geschäftsführung als auch Geschäftsanteile, oft unterstützt durch einen finanzstarken Investor. In diesem Fall wird der Kollege zum Chef. Es liegt nahe, dass in einer solchen Konstellation ein autoritärer Führungsstil wenig erfolgversprechend ist. Dennoch ist die Voraussetzung für einen Management  Buy-out, dass bestehende Mitarbeiter bereits im Vorfeld in die Lage versetzt werden, die Geschicke des Unternehmens zu leiten und die strategische Zukunft des Unternehmens zu bestimmen. Oftmals kommt es daher bei der Nachfolge zu keinem Führungsstilwechsel.

Management Buy-in: Zwei Welten treffen aufeinander
Beim Management  Buy-in stellt sich die Situation anders dar. In den meisten Fällen traut der Unternehmer keinem seiner Mitarbeiter die Nachfolge zu, die wichtigsten Entscheidungen trifft er seit jeher allein. Dann übernimmt ein erfahrener Manager von außen die operative Geschäftsführung und erwirbt Geschäftsanteile. Derartige Nachfolger sind typischerweise Personen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die meist aus gehobenen Positionen in Konzernen über mittelständische Unternehmen den Weg ins Unternehmertum suchen. Führung im Konzern geht jedoch anders. Hier prallen oft Welten aufeinander. Der Buy-in Manager ist klare Hierarchien und Abläufe gewohnt, als womöglich sogar Branchenfremder jedoch auf eigenständiges Arbeiten und das verantwortliche Mitdenken der Belegschaft angewiesen. Eine sorgfältige Abwägung, welcher Führungsstil mit welchen Mitarbeitenden funktionieren kann und das notwendige Fingerspitzengefühl entscheiden darüber, ob die Nachfolge gelingt.

Übernahme: Mitarbeiterkommunikation als zentraler Faktor
Auch bei der Übernahme durch einen größeren Branchenteilnehmer wechselt im Rahmen der Unternehmensnachfolge nach einer angemessenen Übergabephase das Management. Da die Ausprägung der Integration sehr unterschiedlich ausfallen kann, ist die Mitarbeiterkommunikation eine der wesentlichen Aufgaben der neuen Verantwortlichen. Es gilt, Mitarbeitern zum einen die Urangst des Arbeitsplatzverlusts zu nehmen und zum anderen eine möglicherweise notwendige Neuordnung der Organisation nicht nur zu definieren, sondern auch um zusetzen. Die Mitarbeiter während dieses Transformationsprozesses „mitzunehmen“, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und darauf zu reagieren, ist von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Neugestaltung.

Führungsstilwechsel als Treiber der Unternehmensnachfolge
Welche Auswirkungen ein Führungsstilwechsel hat, hängt auch vom Erfolg der bisherigen Ausgestaltung des Führungsverhaltens ab. Hohe Mitarbeiterzufriedenheit und überdurchschnittliche Ergebnisse stellen für jeden Nachfolger eine große positive Herausforderung dar. Was aber, wenn die Umsätze seit Jahren bei gleichzeitig retardierenden Gewinnen stagnieren? Das Geschäftsmodell passt, der Markt bietet unbegrenztes Wachstumspotenzial, der unternehmerische Erfolg setzt aber nicht in entsprechendem Maße ein. In solchen Situationen erschließen sich für den Unternehmer die Gründe häufig nicht.

Oftmals wird die Schuld den Mitarbeitern zugewiesen, der eigene Führungsstil wird nicht hinterfragt. Denn immerhin hat früher alles ausgezeichnet funktioniert. Eine zweite Führungsebene ist in vielen Unternehmen nicht vorhanden, die meisten Vornamen der überwiegend jungen und wechselnden Mitarbeiter finden sich in der Personalliste wieder, aber nicht im Kopf des Unternehmers. Von außen betrachtet ist klar: Der Führungsstil greift nicht mehr, ein Wechsel ist notwendig.

Unter Umständen ist der Unternehmer jedoch nicht mehr zu einer persönlichen Veränderung bereit. Ein Übergang zu einem veränderten Führungsstil muss zudem bei den Mitarbeitern sorgsam vorbereitet werden. Die Unternehmensnachfolge mit personeller Veränderung ist in einem solchen Fall nicht nur die vielversprechendere Alternative, sondern auch die Voraussetzung für eine erfolgreiche unternehmerische Zukunft.

Teufelskreis durch autoritären Führungsstil
Bei unserer Beratungstätigkeit im Hinblick auf Nachfolgelösungen im deutschen Mittelstand stellen wir häufig fest, dass die Firmeninhaber schlichtweg überlastet sind, weil sich sämtliche Aufgaben bei ihnen zentrieren. So ist der häufigste Grund für das Scheitern von Verkaufsprozessen neben unrealistischen Kaufpreisvorstellungen die zu hohe Inhaberabhängigkeit. Viele mittelständische Unternehmer befinden sich hierdurch in einem Teufelskreis. Daher unser Rat: Üben Sie sich im Loslassen, beziehen Sie fähige Mitarbeiter viel stärker ein und treten Sie nach und nach in den Hintergrund. Experten für Change Management können bei der Transformationsphase unterstützen. Auch wenn der Effekt kurzfristig in vielen Fällen nicht positiv ist, steigert er mittel- bis langfristig nicht nur die Chancen, sondern auch die Konditionen für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung deutlich.

Fazit
Unternehmensnachfolge und Führungsstil bedingen sich wechselseitig. So kann durch die Unternehmensnachfolge die Notwendigkeit für einen Führungsstilwechsel entstehen. Ein notwendiger Führungsstilwechsel kann – und muss im Sinne des Unternehmens häufig auch – Ausgangspunkt für die Einleitung eines Nachfolgeprozesses sein. Zudem ist der praktizierte Führungsstil ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen der Nachfolgeregelung.

Zunehmend dynamische Rahmenbedingungen erfordern von Unternehmen und Marktteilnehmern höhere Innovationsfähigkeit und Kreativität. Entsprechend liegt es in der Verantwortung der Unternehmenslenker, personelle, prozess- und ressourcenmäßige Voraussetzungen im Unternehmen zu schaffen, die das Unternehmen stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Diesen notwendigen Wechsel im Lichte aktueller Veränderungen zu erkennen, gehört zu den größten Herausforderungen im Leben eines Unternehmers.

 

Ein Fachbeitrag von Patrick Seip
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